Vom Grand Lake zum Flattop Mountain (3 Tage - 42 km)
Über die alpine Tundra an der Continental Divide
Höhepunkt dieser Rundtour ist die Überquerung der tundraartigen Hochflächen an der Continental Divide. Hier oben fühlt man sich völlig weltfern und genießt grenzenlose Weitblicke. Der Hin- und Rückweg durch die langen Täler des North Inlet und Tonahutu Creek bilden mit ihren stillen Wäldern einen großen Gegensatz. Während man in den Hochlagen mit etwas Glück auf Schneeziegen und Dickhornschafe treffen kann, leben in den Tälern Elche, Wapiti- und Mautlierhirsche. Die Trails auf der Westseite der Continental Divide sind wesentlich ruhiger als in den von Estes Park erreichbaren Regionen des Rocky Mountain National Park, so dass man das Gefühl von Einsamkeit und Wildnis hier viel stärker empfindet.
An den Trails in den Tälern gibt es in regelmäßigen Abständen Campsites. Daher ist man nicht zwingend auf die in der Tourenbeschreibung genannten Übernachtungsorte angewiesen. Die Wahl sollte man je nach Verfügbarkeit und eigener Etappenplanung treffen. Es besteht außerdem die Möglichkeit, die relativ kurze Tour durch Abstecher in die abgelegenen Seitentäler des Lake Nanita oder der Haynach Lakes zu verlängern.
Der überschaubare und angenehme Ferienort Grand Lake am Ufer des gleichnamigen Sees bietet ausreichend Gelegenheiten, um seinen Hunger und Durst vor und nach der Tour zu stillen. Darüber hinaus gibt es begrenzte Einkaufsmöglichkeiten und Unterkünfte vom Campingplatz bis zur luxuriösen Lodge.
Toureninfo
Ausgangspunkt:
Grand Lake am südwestlichen Rand des Nationalparks. Man zweigt von der Trail Ridge Road, die den Rocky Mountain National Park durchquert am westlichen Ortsrand von Grand Lake auf die West Portal Road ab, umfährt auf dieser das Ortszentrum und biegt nach knapp 2 km links auf die nicht asphaltierte County Road 663. Nach einer kurzen Steigung und etwa 500 m erreicht man den kleinen Parkplatz des Tonahutu Trailhead.
Anforderungen:
Gute ausgebaute und ausgeschilderte Trails. Die große Höhe erfordert eine ausreichende vorherige Akklimatisierung. Auf den Hochflächen am Flattop Mountain ist man den Elementen schutzlos ausgeliefert. Bei schlechter Sicht oder aufziehendem Gewitter ist von einer Überquerung unbedingt abzuraten. Auch heftiger Wind kann hier äußerst unangenehm sein.
Höchster Punkt:
Flattop Mountain 3757 m
Höhenunterschied:
1150 m im Auf- und Abstieg
Schutz vor Bären:
Die Schwarzbären im Rocky Mountain National Park sind recht scheu und selten zu sehen. Trotzdem wird von der Parkverwaltung die Mitnahme von Kunststofftonnen (Bear Canister) vorgeschrieben, um Proviant und andere riechende Ausrüstungsgegenstände an den Campsites im Backcountry zu lagern. Die Bear Canister können bei Outdoor-Ausstattern in den an den Park grenzenden Ortschaften gemietet werden (in Grand Lake z.B. Never Summer Mountain Products; www.neversummermtn.com).
Tipp für Tagestour:
Der breite Weg durch die Wiesen des Summerland Park bietet sich für einen schönen Spaziergang an, den man auch bis zu den Cascade Falls ausdehnen kann.
Tourenbeschreibung
1. Tag: North Inlet Trailhead – Porcupine Campsite
6,5 Meilen bzw. 10,5 km, 3:00 Std., 270 m↑, 20 m↓
Vom Parkplatz am North Inlet Trailhead (1), 2600 m, gehen wir links neben den Informationstafeln den Weg wenige Höhenmeter zum Summerland Park hinab. Die idyllische Wiesenlandschaft ist hier noch Privatbesitz und wir folgen einem Fahrweg entlang eines Holzzauns. Kleine Gruppen von Espen leuchten im Herbst vor den noch sanften Höhenzügen, die das untere Tal des North Inlet begrenzen. Nach einem guten Kilometer schwenkt der Weg nach Nordost und verengt sich kurz darauf zu einem gut unterhaltenen Trail, der nun am Rand des Tales an Höhe gewinnt. Der Kiefernwald an den Hängen zeigt deutliche Spuren des Befalls durch Borkenkäfer. Beim ersten steileren Anstieg zu den Cascade Falls ist der Weg teilweise aus dem Felshang herausgeschlagen worden. An einer Gabelung bleiben wir rechts auf dem unteren Trail, während Reit- oder Tragtiere die linke Variante nehmen sollen. Kurz darauf sind die Cascade Falls (2), 2695 m, erreicht, an denen der North Inlet über Felsstufen eine Geländestufe überwindet. Ein rechts abzweigender Trampelpfad führt näher an den Fuß des Wasserfalls heran. Der in der Karte von National Geographic eingezeichnete Zeltplatz oberhalb der Fälle besteht nicht mehr. Der Weg verflacht nun kurzzeitig und verläuft entlang einer großen Wiese. Dann nimmt die Steigung wieder zu und vorbei an weiteren Kaskaden kommen wir eine gute halbe Stunde später zum Big Pool. Hier stürzt der kräftige Bergbach durch eine kleine Klamm in ein weites Felsbecken. Das Tal verläuft in der Folge in einem weiten Rechtsbogen und wir wandern wieder in östlicher Richtung stromaufwärts. Wenn das Tal verflacht, kommen wir zu einem idyllischen, flachen Teich inmitten feuchter Wiesen. Kurz darauf ist mit dem Grouseberry Campsite die erste von mehreren, dicht aufeinander folgenden Zeltmöglichkeiten erreicht. Nach insgesamt drei Stunden zweigen wir rechts vom Haupttrail ab und überqueren den North Inlet über einen schmalen Steg. Am Südufer liegen die zwei Porcupine Campsites (3), 2850 m, einer der wenigen Plätze, an denen Lagerfeuer erlaubt sind.
- North Inlet Trailhead 2600 m - 0:00
- Cascade Falls 2695 m - 1:15
- Porcupine Campsite 2850 m - 3:00
2. Tag: Porcupine Campsite – Tonahutu Meadows Campsite
11,2 Meilen bzw. 17,9 km, 6:30 Std., 880 m↑, 660 m↓
Der North Inlet Trail verlässt nun den Bachlauf und steigt im Hang an. Nach einer knappen halben Stunde zweigt der Lakle Nanita Trail rechts ab. Wir halten uns aber geradeaus und beginnen bald in langen, hervorragend ausgebauten Kehren den Anstieg in das Hochtal des Hallett Creek. Bald eröffnen sich durch die Bäume Blicke auf die Gipfel über dem weglosen oberen Tal des North Inlet. Wir folgen jedoch dem Trail entlang des Hallett Creek bis in den Talschluss (4), 3265 m, wo wir den Bach queren und im Gegenhang allmählich über die Baumgrenze hinaussteigen. Wieder gewinnt der Trail in großen Kehren an Höhe, durch die immer flacher werdende Buschvegetation. Unter uns verläuft ein Tunnel durch die Bergkette, der Wasser vom Grand Lake auf die trockenere Ostseite der Front Range leitet und damit die Trinkwasserversorgung der dortigen Siedlungen sicherstellt. Wir haben nun schöne Blicke in das Tal des North Inlet, aus dem wir gekommen sind.
Unser Weg mündet nun in die sanft gewellten Hochflächen der alpinen Tundra an der kontinentalen Wasserscheide. Der steinige Trail wird von großen Steinmännern gesäumt, die die Orientierung bei schlechter Sicht erleichtern sollen. Uns machte hingegen bei bester Fernsicht ein eiskalter Höhensturm zu schaffen, dessen Böen uns immer wieder aus dem Gleichgewicht brachten und uns den Atem nahmen. Trotz der technisch wenig anspruchsvollen Trails darf man die Anforderungen in dieser Hochgebirgswelt bei widrigen Bedingungen nicht unterschätzen. In leichtem Anstieg kommt man zum Wegedreieck westlich des Flattop Mountain (5), 3720 m. Von hier sollte man noch einen Abstecher zum flachen Gipfel des Flattop Mountain (6), 3757 m, machen, der nach wenigen Minuten erreicht ist. Von den Rändern des Gipfelplateaus hat man herrliche Ausblicke auf die Seen am Osthang der Frontrange, zum Longs Peak (mit 4346 m der höchste Berg im Rocky Mountain National Park) und auf die Reste des Tyndall Glacier.
Zurück an der nicht ganz eindeutig beschilderten Wegekreuzung (5) nehmen wir den rechten Trail und nicht die scheinbar auch in unsere weitere Richtung verlaufende, nicht auf der Karte verzeichnete Wegspur. Wir nähern uns der steilen Abbruchkante und können tief unter uns den blauen Odessa Lake ausmachen. Dann schwenkt der Wegverlauf nach Westen und steigt noch einmal ganz leicht über den Hang unterhalb des Ptarmigan Point an. Ein kleiner Abstecher vom Trail nach links eröffnet einen schönen Blick auf den Ptarmigan Lake. Wir überqueren anschließend eine Ebene mit kleinen Wasserläufen und Tümpeln, die man in dieser Höhe nicht unbedingt erwarten würde. Wir orientieren uns dann an einem runden Buckel am Horizont, den wir an seiner Ostseite umgehen. Ganz allmählich senkt sich der Weg über die Bighorn Flats in das Tal des Tonahutu Creek. Wenn wir die ersten vereinzelten Bäumchen erreichen, knickt der Trail leicht nach rechts ab und vor uns tut sich das bewaldete Seitental der Haynach Lakes auf. An einigen bizarren Felsen beginnt ein schöner Hangweg, auf dem wir im weiten Bogen durch den Talschluss den Tonahutu Creek absteigen. Am Waldrand kommen wir zum Abzweig des Haynach Lakes Trail (7), auf dem man nach rechts einen Abstecher bis zu den hochgelegenen, kleinen Seen machen kann. Wir bleiben auf dem Tonahutu Creek Trail, der in das sich verengende, bewaldete Tal hinabführt und kommen in kurzer Folge an den Campsites Renegade, Haynach (in der Karte sind diese am Haynach Lakes Trail eingezeichnet) sowie Tonahutu Stock(d.h. für Trag- oder Reittiere) vorbei. Am Ostrand einer schönen, von einem Bach durchflossenen Wiese liegt dann mit den zwei Zeltplätzen des Tonahutu Meadows Campsite (8), 3070 m, unser Tagesziel.
- Porcupine Campsite 2850 m - 0:00
- Talschluss 3265 m - 1:40
- Wegekreuzung am Flattop Mtn. 3720 m - 3:40
- Flattop Mtn. 3757 m - 3:50
- Wegekreuzung am Flattop Mtn. 3720 m - 4:00
- Haynach Lakes Trail Jct. 3160 m - 6:10
- Tonahutu Meadows Campground 3070 m - 6:30
3. Tag: Tonahutu Meadows Campsite – North Inlet Trailhead
8,7 Meilen bzw. 13,9 km, 4:00 Std., 30 m↑, 500 m↓
Die letzte Etappe verläuft nun stets im Tal des Tonahutu Creek leicht bergab. Der Wald am Wegesrand zeigt gelegentlich deutliche Schäden durch Feuer oder Borkenkäfer. Trotzdem bestehen gute Chancen, auf Hirsche oder sogar Elche zu treffen. Nach einer halben Stunde fällt der Bach an den Granite Falls (9) in mehreren Stufen über glattgeschliffene Felsen herab. Oberhalb und unterhalb liegen jeweils Zeltplätze (Upper Granite Falls und Granite Falls). Nachdem wir einen Seitenzufluss auf einem Steg überquert haben, schlängelt sich der Tonahutu Creek in malerischen Schleifen durch eine Lichtung. Danach nähern wir uns den Campsites Sunrise und Sunset. Kurz darauf öffnet sich der Wald und gibt den Blick auf die ausgedehnten Big Meadows frei. Die große Lichtung umgehen wir nun gegen den Uhrzeigersinn. An ihrer Westseite gelangen wir etwas oberhalb der Wiese im Wald zur Wegekreuzung (10) mit dem Green Mountain Trail. Hier halten wir uns links auf dem Lower Tonahutu Trail, der wieder an den Rand der Big Meadows hinabführt. An ihrem Südende zweigen Pfade zu mehreren ausgewiesenen Campsites ab. Wir wandern weiter auf schönem Waldweg zumeist oberhalb des Baches in südlicher Richtung. Den auf der Karte von National Geographic eingezeichneten Zeltplatz Lodgepole gibt es nicht mehr. Nun mischen sich immer mehr Espen zwischen die Nadelbäume. Wir treffen auf die Einmündung des Weges vom Kawuneeche Visitor Center und gehen hier geradeaus. Etwa 150 m darauf verzweigt sich der Weg erneut. Wir nehmen den linken, zunächst breiten Weg, der sich aber bald wieder verengt. Durch die Bäume ist bereits der Grand Lake auszumachen und wir wandern zu einer Schotterstraße hinunter. Wir erreichen sie am Tonahutu Trailhead, folgen ihr nach links über eine Brücke und sind nach wenigen Minuten am Ende unserer Runde angelangt. Nun bieten sich die Einkehrmöglichkeiten in Grand Lake für eine Erfrischung oder Stärkung an.
- Tonahutu Meadows Campground 3070 m - 0:00
- Granite Falls 3005 m - 0:30
- Big Meadows Jct. 2875 m - 2:15
- North Inlet Trailhead 2600 m - 4:00