Trekking im Yellowstone Nationalpark
Eine achttägige Tour im Südosten zum Oberlauf des Yellowstone River
(September / Oktober 2010)
Wir haben lange nach einer geeigneten, etwa einwöchigen Tour im Yellowstone National Park gesucht, die als Rundtour zum Ausgangspunkt zurückführt. In der einsamen Südostecke sind wir fündig geworden. Die relativ sanfte Landschaft hier steht in starkem Kontrast zur Trekkingtour im Grand Teton Nationalpark und ist daher eine gute Ergänzung. Einziger echter Gipfel der Tour ist der Mount Sheridan hoch über dem Heart Lake, dessen Besteigung wegen der weiten Aussicht lohnt. Weitere Höhepunkte sind die heißen Quellen am Heart Lake, die großen (Heart und Yellowstone Lake) und kleinen (Mariposa Lake) Seen sowie das weite Tal des oberen Yellowstone Rivers. Unvergesslich sind die intensiven Begegnungen mit Wolf, Bär, Elch, Hirsch und Bison. Die Gegend ist jenseits des Heart Lakes relativ wenig begangen. Eine Woche lang haben wir dort Ende September / Anfang Oktober keinen Menschen getroffen. Die Trails sind durchwegs gut zu verfolgen und unschwierig, doch müssen mehrfach Flüsse und Bäche durchquert werden.
Ausgangspunkt
Heart Lake Trail Head: an der South Entrance Road; 5 Meilen südlich von Grant Village; 15 Meilen nördlich des South Entrance
Etappe 1: Vom Trailhead zum Heart Lake (8,5 Meilen bzw. 13,6 km)
Nach dem wir in der Ranger Station von Grant Village unser Permit bekommen haben, fahren wir zum Heart Lake Trailhead (nahe Lewis Lake). Dort lassen wir unser Auto während der Tour stehen und starten gegen Mittag zur ersten, kurzen Etappe. Es geht durch ein Waldgebiet, das einige Spuren von Waldbränden trägt. Nach gut zwei Stunden stehen wir auf einer Kuppe, von der wir den ersten Blick auf den Heart Lake haben. Auf der Anhöhe kann man auch einige kleinere Thermalerscheinungen erkunden. Nun windet sich der Weg hinab zum nur langsam näher kommenden See. An dessen Ufer gehen wir nach Westen zum Fuß des Mount Sheridan, wo wir unseren Zeltplatz (8H4) finden. Wir müssen uns mit der neuen Methode, Esswaren vor Bären in Sicherheit zu bringen, vertraut machen. Ein mitgebrachtes Seil (mindestens 10 m; nicht vergessen!) wird über einen hoch zwischen zwei Bäumen quer angebrachten Baumstamm geworfen und alles, was bärensicher sein muss, daran hochgezogen. Wie wichtig das ist, sollte uns in der nächsten Nacht bewusst werden.
Etappe 2: Auf den Mount Sheridan und zum Basin Creek (11,4 Meilen bzw. 18,2 km)
Wir starten in der Frühe noch ohne großes Gepäck zur Besteigung des Mount Sheridan. Zunächst machen wir einen Abstecher vom Weg zu den heißen Quellen an seinem Fuß. Überall dampft es in der kalten Morgenluft und unvermittelt bricht ein kleiner Geysir aus. Dann steigen wir zügig den Weg zum Berg hinauf. Auf einem Sattel genießen wir weite Blicke zum Grand Teton, über Teile des Yellowstone Lake und hinab zum Heart Lake. Die letzten etwa 200 Höhenmeter zum Gipfel schenken wir uns und steigen auf dem selben Weg wieder ab. Zurück am Lagerplatz gibt es ein spätes Frühstück, bevor wir über dem Westufer des Sees in südlicher Richtung marschieren. Wir passieren den Sheridan Lake und kommen später zu Biberdämmen, die den Bach aufgestaut haben und uns mehrmals dazu zwingen, die Schuhe auszuziehen und durch das Wasser und den Schlamm zu waten (Trekkingsandalen sind hier von Nutzen!). In einem Waldstück finden wir schließlich den kleinen Wegweiser zu unserem Lager (8B5). Nach dem Abendessen, sichern wir wieder den Proviant. Den Benzinkocher hängen wir in einer Plastiktüte an einen Ast. Dann kriechen wir ins Zelt und verbringen etwa 20 m von der Kochstelle entfernt eine ruhige Nacht.
Etappe 3: Durch das Tal des Snake River (11,5 Meilen bzw. 18,4 km)
Als ich am Morgen nach dem rechten sehe, liegt die Plastiktüte zerfetzt auf dem Waldboden, die daranhängende Metallflasche trägt deutliche Bissspuren und ist ausgelaufen. Mehrere Plastikwasserflaschen sind kaputtgebissen. Hier hat ein vom Benzingeruch anglockter Bär sein Unwesen getrieben. Damit hatten wir nicht gerechnet. Zum Glück ist die Reserveflasche unversehrt, denn ohne Brennstoff hätten wir die Tour schon früh abbrechen müssen.
Es geht nun weiter bis zum Snake River Trail, auf den wir einbiegen. Zwei Mal queren wir den seichten Flusslauf. Dann stoßen wir auf den Continental Divide Tail, dem wir nach Süden in das Tal des Snake River folgen. Das Tal verengt sich langsam zu einer Schlucht und der Trail steigt in den Hang hinauf. Leider sind weite Bereiche der Wälder hier den großen Feuern von 1988 zum Opfer gefallen. Bis sich die Vegetation regeneriert hat, werden noch viele Jahrzehnte vergehen. Unser Campingplatz 8C9 liegt idyllisch an einem Zulauf des Snake River. Wir können gar nicht weit entfernt die Brunftrufe von Wapiti-Hirschen hören, zu sehen bekommen wir sie nicht.
Etappe 4: Zum Mariposa Lake auf das Two Ocean Plateau (7,8 Meilen bzw. 12,5 km)
Nachdem wir dem Snake River durch ein idyllisches Tal weiter stromaufwärts gefolgt sind, schwenken wir nach Osten auf den South Boundary Trail ein. Wir kommen an den schon nicht mehr besetzten Hütten der Fox Creek Rangerstation vorbei. Nun geht es wieder durch von Waldbränden gezeichnete Landschaft entlang des Plateau Creek. Dann zweigen wir in Richtung des Mariposa Lake ab, den wir nach kurzem, etwas steileren Anstieg erreichen. Der Zeltplatz 6M3 befindet sich anders als auf der Karte eingezeichnet etwas abseits des Weges am Westufer des Sees, nahe des Ausflusses. Die kleine Wasserfläche liegt malerisch von Wald und Wiesen eingerahmt.
Etappe 5: Ins Tal des Yellowstone River (11,6 Meilen bzw. 18,6 km)
Im Morgengrauen werden wir vom nahen Getrampel zahlreicher Hufe geweckt. Eine Herde Wapiti-Hirsche zieht zum Ufer des Sees zur Tränke. Bald verschwinden sie wieder im Wald und eine Weile kehrt Ruhe ein. Plötzlich steht ein Wolf unweit des Zeltplatzes im Auslauf des Sees und schüttelt sich das Wasser aus dem Fell. Seine Aufmerksamkeit gilt einem Maultierhirsch am fernen Seeufer. Eine wilde Hetzjagd beginnt und Jäger und Beute verschwinden im Wald. Bald taucht der Hirsch in panischer Flucht wieder auf, springt in den See, schwimmt zu einer seichten Stelle, wo er noch lange Zeit ausharrt. Der Wolf erscheint erneut am Ufer, gibt die Jagd aber auf. Was für ein Erlebnis!
Wir folgen nun dem Weg über das Two Ocean Plateau, überqueren die kaum merkliche kontinentale Wasserscheide und steigen entlang des Lynx Creek in das weite Tal des oberen Yellowstone River hinab. Wir überqueren den Fluss an einer Furt und gehen dann durch das ebene Grasland zum Westrand des Tals, wo wir auf den Thorofare Trail treffen. Auf ihm geht es nach Norden am Fuß der Berge, die den Yellowstone Nationalpark in Osten begrenzen. Mehrfach stoßen wir auf die ausgeprägten Schleifen des Flusses, der sich durch die Ebene schlängelt, bis wir an unserem Etappenziel 6Y6 ankommen. Wir sind etwas enttäuscht, denn hier im Tal hatten wir Bisons und Hirsche erwartet, doch im Sand des Flussufers finden wir nur die deutlichen Spuren von Elch und Bär. In der Nacht hören wir die Tritte und das Schnaufen einens großen Tieres in der Nähe des Zeltes. Wer diese Geräusche macht, können wir nicht genau herausbekommen.
Etappe 6: Zum Südufer des Yellowstone Lake (13,1 Meilen bzw. 21,0 km)
Der Morgen ist kalt, so dass wir ohne Frühstück aufbrechen. Kaum sind wir wieder auf dem Hauptweg, kommen uns drei mächtige Bisons entgegen. Wir machen respektvoll Platz, während sie unbeeindruckt vorbeiziehen. Als wir uns umdrehen, kommt vom fernen Flussufer ein Elch direkt auf uns zu. Etwa zwanzig Meter entfernt stutzt er kurz, doch wir scheinen für den kapitalen Bullen nicht besorgniserregend. Dicht schreitet er an uns vorbei und setzt unbeirrt seinen Weg fort.
Kurze Zeit nach diesen Begegnungen holen wir an einem kleinen Bach das verschobene Frühstück nach. Dann geht es weitgehend eben weiter am Rande des Flusstales, bis ein Pfad abzweigt und die Böschung zum Fluss hinabführt. Eine orange Markierung am anderen Ufer gibt das Ziel an. Wir müssen wieder durch den Yellowstone River, doch dieses Mal ist das Wasser tiefer als erwartet, so dass die hochgekrempelten Hosen bis zum Schritt nass werden. Aber in der Herbstsonne trocknet alles rasch wieder. Vorbei an schönen Altarmen durchqueren wir das Flusstal und stoßen am Nachmittag an das Südufer des Yellowstone Lake. Unser Zeltplatz 6A4 liegt direkt hinter dem endlosen Sandstrand.
Etappe 7: Vom Yellowstone Lake zum Heart Lake (13,7 Meilen bzw. 21,9 km)
Zunächst folgen wir dem Seeufer, verlassen es aber nach der geschlossenen Trail Creek Rangerstation. Wir überqueren einen kleinen Höhenrücken, dann geht es zwischen Bergen und See fast eben dahin. Einen kleinen Bach müssen wir auf einem noch morgendlich vereisten Baumstamm überqueren - eine rutschige Angelegenheit. Wenig später erreichen wir eine Bucht am South Arm des Yellowstone Lake. In den Ästen der kahlen Bäume am Ufer entdecken wir zwei Weißkopfseeadler. Weiter auf dem Trail Creek Trail geht es auf eine Hügelkette zu, die wir an ihrem tiefsten Punkt überqueren. In der Nähe des Outlet Lake machen wir eine späte Mittagspause. Vom auf der Karte eingezeichneten Campingplatz finden wir keine Spur. Wenig später haben Biber wieder das kleine Tal geflutet und wir können einen Biberbau aus der Nähe betrachten. Nun gehen wir das Tal zum Heart Lake hinab, an dessen Ufer wir zum Zeltplatz 8J6 kommen.
Etappe 8: Vom Heart Lake zurück zum Trail Head (11,8 Meilen bzw. 18,9 km)
Schön leuchtet der Mount Sheridan am nächsten Morgen in den ersten Sonnenstrahlen über dem See. Abseits des Ufers wandern wir durch bewaldete Hügel auf dem Heart Lake Trail zum Nordufer des Sees, wo wir an der Ranger Station wieder auf den bekannten Weg zum Ausgangspunkt treffen. Als wir an heißen Quellen vorbeikommen und sich die Temperatur im nahen Bach als sehr angenehm herausstellt, beschließen wir noch ein Wellness-Bad in freier Natur zu nehmen. Wieder auf dem Weg, ziehen dunkle Wolken heran und in dem Moment, als wir das Auto erreichen, beginnt es nach einer Woche voller Sonnenschein zu regnen.