Entlang des Großen Walserwegs auf der GTA

Ein siebentägiger Alpentrek im Piemont südlich des Monte Rosa-Massivs

Juli 2017

Im 13. Jahrhundert wanderte eine kleine deutschsprachige Bevölkerungsgruppe aus dem Wallis aus und besiedelte abgelegene Hochtäler auf der Südseite des Monte Rosa-Massivs. Die Architektur der Bauernhäuser, das Brauchtum und die Sprache prägen diese abgeschiedenen Enklaven mit den Hauptorten Campello Monti, Rimella, Carcoforo, Rima und Alagna Valsesia noch heute. Der Große Walserweg durchquert als Variante der GTA die zerklüftete Alpenlandschaft vor der Kulisse der mächtigen Gletscherberge an der Grenze zur Schweiz. Bei nahezu jeder Etappe steht die Überquerung eines Passes auf dem Programm, während man Unterkunft zumeist in einem Posto Tappa im Talort findet. Ich habe den regulären Weg an einigen Stellen verlassen, um Gipfel zu besteigen oder in kleinen unbewirtschafteten Biwackhütten zu nächtigen. So entstand eine spannende Tour durch eine landschaftlich und kulturell interessante Region der italienischen Alpen.

Allgemeine Informationen

Beste Reisezeit

Von Ende Juni bis Mitte Oktober lassen Wetter und Schneeverhältnisse normalerweise schneefreie Übergänge über die Pässe der Tour zu. In dieser Zeit sind auch die meisten Unterkünfte in den Tälern verlässlich geöffnet.

Die meisten Alpenvereins-Hütten öffnen erst Mitte Juni, schließen Mitte / Ende September und sind außer der Hauptferienzeit der Italiener im August nur am Wochenende bewirtschaftet. Also unbedingt vorher erkundigen, wenn man dort einkehren oder übernachten möchte!

 

Schwierigkeit

Die Tour verläuft fast ausschließlich auf gut unterhaltenen und markierten Bergpfaden. Die erheblichen Höhenunterschiede sollten jedoch vor allem mit schwerem Rucksack nicht unterschätzt werden. Die anspruchsvollste Passage meiner Tour war die Überschreitung der Punta del Pizzo zwischen Bivacco Traglio und Bochetta di Campello. Der Verlauf der Route über den Grat ist hier wenig markiert und an einigen Stellen ist leichte Kraxelei (Seilsicherungen) erforderlich. Die Gipfelaufstiege auf die Cima Altemberg und den Corno Mud sind jedoch auf deutlichen Pfaden unschwierig.
 

Unterkunft

s.u. bei den Beschreibungen der einzelnen Etappen

 

Literatur

  • GTA - Grande Traversata delle Alpi; Rother Wanderführer; Führer im bewährten Rother-Stil zur gesamten GTA, mit knappen Beschreibungen aller Etappen, die aufgrund der guten Beschilderungen jedoch völlig ausreichen; für die hier vorgestellte Tour benötigt man nur einige Etappenbeschreibungen, trotzdem ist das kleine Buch ein praktischer Begleiter - und vielleicht bekommt man ja Lust auf eine Fortsetzung.

 

Karten

  • Monte Rosa, Alagna e Macugnaga 1:50.000; Istituto Geografico Centrale; aufgrund des Maßstabs etwas zu grobe, für die Tour aber ausreichende Wanderkarte

 

Links

  • Initiative Pro Rimella - eine von Jörg Klingenfuß initiierte Homepage zu Rimella und den umgebenden Etappen der GTA; viele nützliche Informationen zu Wegen, Unterkünften und Einkaufsmöglichkeiten; die Übersichtlichkeit der Seite und die Wertungen des Autors sprechen mich hingegen weniger an.

Die Etappen im Einzelnen

30.06.2017 Domodossola - Molini (Bus) - Bivacco Alpe Pian Lago

Von der angehmen Stadt Domodossola mit ihrem schönen historischen Zentrum bringt mich eine 40-minütige Busfahrt auf der Linie Richtung Macungnaga (Busfahrplan) in den kleinen Ort Molini (ca. 400 m). Hier überquert man an einer kleinen Wallfahrtskirche den Bergfluss Anza und betritt zunächst auf einer Fahrstraße ein schluchtartiges Nebental. Nach dem angenehmen Auftakt beginnt ein kräftiger Aufstieg von mehreren Hundert Höhenmetern über einen bewaldeten Bergsporn. An der Alpe Camino (1480 m) verflcht der Anstieg und es geht in ein Hochtal mit der ersten Biwackhütte an der Alpe del Lago (1545 m). Wasser vor der Hütte, Gasherd, ca. 9 Schlafplätze mit Matratzen, Schlafsack erforderlich. Ich entscheide mich, noch über einen Bergrücken in einer guten Stunde zur Biwackhütte an der Alpe Pian Lago (1745 m). Sie ist ähnlich ausgestattet, hat etwa 6 Plätze und wirkt etwas ungepflegt. Aber die Lage mit Blick in das tiefe Tal entschädigt für den fehlenden Komfort. In der Nacht mache ich nähere Bekanntsachaft mit einer Hüttenmaus, die sich hartnäckig bemüht, meine Nutella-Dose zu öffnen. 

 

01.07.2017 Alpe Pian Lago - Colle dell'Usciolo - Campello Monti - Bivacco Traglio Abele

Von der Biwackhütte erreich man nach etwa einer Stunde Anstieg den Colle dell'Usciolo (2037 m). Auf Pfadspuren ist von dort der kurze Aufstieg auf den Grasbuckel der Cima Ravinella (2117 m) möglich. Anschließend beginnt der Abstieg in das Tal von Campello Monti (1303 m), der ersten Walser-Siedlung der Tour. Die Route verläuft etwas oberhalb des kleinen Dorfes. Kurz darauf zweige ich von der GTA ab und steige über die Alpe Pian zum Bivacco Traglio Abele (2100 m) am kleinen Lago di Capezzone hinauf. Hier gibt es Platz für bis zu 7 Personen und eine ganze Schar von Mäusen. Auch ein Gasherd ist vorhanden. Wasser kann man aus dem nahen See bzw. seinem Ausfluss schöpfen. Nachdem die Regenschauer nachgelassen haben, erkunde ich noch die Aufstiegsroute zum Altenberg (Cima Altemberg, 2394 m). Der ausgeschilderte und unschwierige Pfad zweigt etwa auf halben Weg zur Bocchetta delle Vacche ab. Leider hängen Wolken an der Berggipfeln, die die Fernsicht einschränken.

 

02.07.2017 Bivacco Traglio Abele - Punta del Pizzo - Bocchetta di Campello - San Bernardo

Gleich nach dem Frühstück besteige ich noch einmal die Cima Altemberg und habe nun schöne Blicke bis zum Monte Rosa und anderen Eisriesen dcer Walliser Alpen. Von der Bocchetta delle Vacche (2224 m) führt ein teilweise vager Pfad mit einigen Felspassagen und Seilsicherungen über den Grat zur Punta del Pizzo (2232 m) und von dort deutlicher hinab zur Bocchetta di Campello (1924 m). Hier stoße ich wieder auf die GTA, der ich über die Wiesenhänge und die Alpe Pianello hinab nach San Gottardo (1389 m), dem obersten Ortsteil der Gemeinde Rimella, folge. Im schönen Rifugio dei Walser bekomme ich einen Übernachtungsplatz, obwohl eine große deutsche Wandergruppe nahezu die ganze Herberge belegt. Am Nachmittag mache ich noch einen Spaziergang hinab in den Hauptort Chiesa, bevor ich abends das gute Essen im Rifugio genieße.

 

03.07.2017 San Bernardo - Chiesa - Belvedere - Santa Maria - Alpe Baranca - Colle d'Egua

Von San Bernardo geht es auf der GTA durch Chiesa hinab in den Talgrund und durch nahezu verlassene Ortsteile von Rimella auf steilen Waldwegen auf den Wiesensattel mit der kleinen Siedlung Belvedere (1208 m). Von dort wandere ich über schöne Wiesen und durch kleine Weiler in das Valle Baranca hinab. Ein kurzes Straßenstück bringt mich in den letzten Ort des Tales nach Santa Maria (1054 m). Kurz darauf beginnt am Straßenende ein schöner Weg durch ein weites Tal hinauf zur Alpe Baranca (1600 m). Die Alm mit der idyllischen Unterkunft ist normalerweise das Ende dieser Etappe. Ich entscheide mich jedoch, noch zum Lago di Baranca und weiter zum Colle d'Egua (2239 m) aufzusteigen. Wenige Meter oberhalb der Passhöhe liegt eine gut ausgestattete Biwackhütte mit Platz für gut 12 Personen und Gasherd, die ich wieder ganz für mich alleine habe. Leider ist der Wasservorrat der Zisterne versiegt, so dass ich noch einmal zum Bach am Fuß des Passes absteigen muss, um mich zu versorgen. Am Abend lockern die Wolken auf und ich habe Blicke zum Monte Rosa.

 

04.07.2017 Colle d'Egua - Carcoforo

Eigentlich hatte ich mir für den Morgen die Besteigung des Aussichtsgipfels Il Cimone (2453 m) vorgenommen, doch bereits als es hell wird wabern schon Wolken um die Berge. So genieße ich noch ein wenig die Ruhe in meiner einsamen Hütte und mache mich später direkt an den Abstieg nach Carcoforo (1304 m). Die steingedeckten Häuser des kleinen Ortes drängen sich dicht um die große Kirche. Am Ortsrand belege ich schon früh den ersten Schlafplatz in den Mehrbettzimmern des Albergo Alpenrose, das sich im Laufe des Nachmittags immer mehr füllt. Am Abend wird dann einer großen Schar, hauptsächlich deutschsprachiger GTA-Wanderer ein üppiges Abendessen aufgetischt.  

 

05.07.2017 Carcoforo - Colle del Termo - Rima - Rifugio Alpe Brusà

Nach einem frühen Frühstück steige ich zügig zum Colle del Termo (2351 m) hinauf. Doch wieder sind die Wolken schneller und ich erhasche nur noch einen kurzen Blick auf einen winzigen Gipfelausschnitt des Monte Rosa-Massivs. Beim folgenden Abstieg nach Rima (1411 m) kann ich mir nun Zeit lassen. Angesichts der noch zu erwartenden Übernachtungsgäste am Ende dieser GTA-Etappe weiche ich ins etwa 20 min unterhalb von Rima im Wald gelegene Rifugio Alpe Brusà aus. Das erweist sich als gute Entscheidung, den zu sechst lassen wir uns das gute Essen schmecken, verleben einen netten Hüttenabend und eine ruhige Nacht.

 

06.07.2017 Rima - Colle Mud - Corno Mud - Alagna Valsesia

Mit dem Corno Mud bietet sich auf dieser Etappe noch ein schöner Aussichtsgipfel an. Mit Jürgen, einem sportlichen Österreicher, breche ich schon früh auf, um den zu erwartenden Wolken zuvorzukommen. Der gut ausgebaute Weg bringt uns vorbei an alten Almen hinauf zum Colle Mud (2324 m). Hier beginnt ein schmaler, aber unschwieriger Pfad, der steil zum Corno Mud (2802 m) hinaufleitet. Nach 2:45 Std. haben wir die knapp 1500 Höhenmeter bewältigt. Vom großen Gipfelkreuz bietet sich dann ein großartiger Blick zum Monte Rosa, der in perfektem Vormittagslicht vor uns aufragt. Beim anschließenden Abstieg vom Colle Mud treffen wir am Rifugio Ferioli auf den Rest der Gruppe und machen auf der Terrasse eine ausgiebige Rast. Der Weg nach Alagna Valsesia verläuft dann durch Almwiesen und schöne Waldstücke. Im Tal kommt man zunächst in den Weiler Pedemonte mit alten Holzhäusern der typischen Walser-Architektur. Auf der Asphaltstraße ist nach wenigen hundert Metern der angenehme Ferien- und Wintersportort Alagna Valsesia (1191 m) erreicht. Entlang der autofreien Straße durch den Ort haben sich einige schöne Häuser erhalten. Hier habe ich ein funktionales Zimmer im Hotel Indren Hus reserviert.

 

07.07.2017 Alagna Valsesia - Pianalunga (Seilbahn) - Passo Foric - Otro

Für meine letzten Wandertage verlasse ich nun endgültig die GTA, denn ich möchte noch einen Abstecher in das Valle d'Otro mit seinen typischen Walsersiedlungen machen. Die Kabinenbahn bringt mich von Alagna Valsesia in wenigen Minuten nach Pianalunga (2025 m). Von dort wandere ich durch das Tal aufwärts und bin erfreut, wie wenig man hier vom Winterskigebiet wahrnimmt. Nach einem kurzen Aufstie stoße ich auf den Weg der Tour du Monte Rosa und biege auf diesen zum Passo Foric (2432 m) ein. Von der Passhöhe lohnt es sich, noch weiter über die Wiesenhügel in Richtung des Passo Zube anzusteigen, denn die Blicke zum Monte Rosa-Massiv werden mit jedem Meter Höhengewinn umfassender. Zurück am Passo Foric beginnt dann der Abstieg zu den bereits sichtbaren oberen Häusergruppen der vereinzelten Ortsteile von Otro. In diese Tal wurde nie eine Straße gebaut und die großteils hervorragend erhaltenen Walserhäuser vor der Bergkulisse sind eine Alpenidylle par excellence. Im untersten Ortsteil Follù (1664 m) mit der kleinen Kirche liegt das schöne Gasthaus Zar Senni, wo ich als einziger Übernachtungsgast in dieser Nacht ein Bett im Mehrbettzimmer bekomme. Das Abendessen hält zwar nicht ganz, was ich mit von der urigen Bergunterkunft versprochen habe, aber die Atmosphäre hier oben ist einzigartig. 

 

08.07.2017 Otro - Alagna Valsesia - Vercelli (Bus) - Mailand (Bahn)

Am Morgen genieße ich noch einmal die Ruhe der kleinen Alpensiedlungen und mache einen Spaziergang zum Belvedere, der noch einmal einen Blick zum Monte Rosa bietet. Beim einstündigen Abstieg nach Alagna Valsesia wird mir bewusst, dass es eine Ruhe vor dem Sturm war, denn nun kommen mir Scharen von Wochenendausflüglern entgegen. Für mich aber geht die Wandertour auf dem Walserweg zu Ende, als ich mittags den Bus nach Vercelli (Busfahrplan) besteige.

 

Die schönsten Bilder der Tour

(Vergrößern und Starten der Fotoshow - unten rechts)