Nationalpark Aigüestortes i Estany de Sant Maurici
Von La Guingueta zum Refugio Conangles
18. Juni 2011: La Guingueta - Espot
Nach fünfstündiger Fahrt verlasse ich den Bus aus Barcelona im kleinen Ort La Guingueta (Hotels mit Restaurant, Campingplätze aber kein Lebensmittelladen). Im Tal auf 950 m Höhe fühlt man sich noch nicht wie im Hochgebirge und große Gipfel sind auch nicht zu sehen. Gegenüber dem Hotel Poldo biege ich in den recht gut markierten GR 11 ein und gewinne auf einem etwas zugewachsenen Bergpfad schnell an Höhe. Beim Gehen schmerzt eine Blase unter dem Fuß, die ich mir am Vortag bei meiner ausgiebigen Stadtbesichtigung in Barcelona gelaufen habe. Aber gut gepflastert wird dieses Handicap in den kommenden Tagen schnell besser. Nach etwa einer Stunde und 350 Höhenmetern ist der malerische, aber nahezu unbewohnte Weiler Jou erreicht. Nun geht es etwa eine halbe Stunde auf dem kaum befahrenen Asphaltsträßchen weiter und der Blick ins Tal nach La Guingueta wird immer freier. Dann heißt es aufpassen, um den auf einen schönen Hangweg abzweigenden GR nicht zu verpassen, der zum Weiler Estaís führt. Von hier steige ich zum Campingplatz La Mola ab, überquere den Bach und nähere mich bald dem ersten Etappenziel, dem angenehmen Ski- und Ferienort Espot (1330 m), wo ich im Hotel Roya ein Zimmer mit Blick auf die Dorfkirche bekomme.
19. Juni 2011: Espot - Port de Ratera
Das üppige Hotelfrühstück ist eine gute Grundlage für den Start in die Berge. In einem kleinen Supermarkt kaufe ich noch Brot und Schinken, dann geht es bei strahlend blauem Himmel mit vollbeladenem Rucksack im grünen Tal des Riu Escrita bergauf. Auf dem schönen Wanderweg, der bald in den Nationalpark Aigüestortes i Estany de Sant Maurici führt, bekommt man von der Straße, auf der die Jeep-Taxis der Nationalparkverwaltung verkehren, kaum etwas mit. Erst als ich den wunderbar gelegenen Stausee Estany de Sant Maurici erreiche, zeigen mir die vielen Tagestouristen, dass man auch einfacher hierher gelangen kann. Auch auf dem Weg zum Ratera-Wasserfall treffe ich immer wieder auf Spaziergänger. Danach sind nur noch „echte" Wanderer unterwegs, während ich zur Berghütte Refugi d´Amitges hinaufsteige. Ich habe diesen kleinen Umweg vom GR 11 gewählt, um den von schönen Felsnadeln überragten Bergsee Estany Gran d´Amitges zu sehen. An seinem Ufer mache ich ein ausgiebiges Picknick. Danach geht es noch einmal kräftig bergan, bis mich ein aussichtsreicher Hangweg zum Port de Ratera (2590 m) hinüberleitet, wo ich auch wieder auf den GR 11 treffe. In den Wiesenflächen etwas nördlich der sanften Passhöhe finde ich einen perfekten Zeltplatz und fließendes Wasser gibt es auch ausreichend, so dass ich hier das Nachtlager aufschlage.
20. Juni 2011: Port de Ratera - Estany de Mangades
Bei Windstille sind schon bei Sonnenaufgang die Temperaturen sehr angenehm. Nahe meines Zeltplatzes kann ich einige Gämsen bei „Frühstück" beobachten. Der Abstieg vom Pass beginnt mit einem spektakulären Blick auf den Bergsee Estanh Obago. Der gute Bergpfad bringt mich nun in Stufen von einem See zum nächsten. Ein Blick auf die Karte verdeutlicht, dass der Circ de Colomers eine einzige Seenplatte ist. Am Weg blühen Enziane, Trollblumen, Knabenkraut-Orchideen und vieles mehr. Ein letzter steiler Abstieg führt zum Staussee Estanh Major de Colomers hinab, an dessen Ufer die Berghütte Refugi de Colomers liegt. Viele Bergseen wurden in der Mitte des 20. Jahrhunderts zur Energiegewinnung aufgestaut, um die örtliche Wirtschaft voranzutreiben. Nach der Überquerung der Staumauer steigt mein Weg bald wieder an und führt in ein Seitental zur Passhöhe des Port de Caldes (2570 m) hinauf. Hier verlasse ich wieder den GR 11 und folge ein Stück dem Weg in Richtung der Berghütte Refugi Joan Ventosa i Calvell. Bald jedoch gehe ich den flachen Hang zum unter mir sichtbaren Estany de Mangades hinab. Auf den Granitblöcken über dem See turnen ein paar Gämsen, bis sie von mir gestört in den Felsen verschwinden. Am Südufer gibt es an einer felsigen Halbinsel wieder ein ebenes Grasfleckchen, das zum Zelten wie geschaffen ist. Hier richte ich mich für die Nacht ein.
21. Juni: Estany de Mangades - Refugi Conangles
Der Tag beginnt erneut wolkenlos. Nach nur wenigen Minuten erreiche ich am Westufer des Sees den Weg, der mich vorbei am Estany des Monges die wenigen Höhenmeter zum Port de Rius (2340 m) hinaufbringt, wo ich wieder auf den GR 11 treffe. In steilen Kehren geht es zum blau schimmernden Estanh de Cap de Pòrt hinab. An seinem Ausfluss beginnt eine weitere Steilstufe, die mich zum aufgestauten Estany dera Restanca mit der bewirtschafteten Restanca-Hütte an seinem Ufer hinabführt. Nach der Überquerung der Staumauer wird der Weg sehr verwachsen und steinig, bis er im Längstal Barranc de Rius auf einen aus dem Tal heraufkommenden Weg (Variante des GR 11) stößt. An den wunderbaren Kaskaden des Plan de Rius mache ich inmitten blühender Knabenkraut-Orchideen Mittagspause. Der Weg zum Pass Pòrt de Rius ist nun deutlich besser und recht einfach zu gehen. Als ich kurz vor dem Pass an den großen See Estanh de Rius komme, ziehen bedrohliche Gewitterwolken auf. Es blitzt und donnert, doch der Regen- und Hagelschauer ist nur kurz und das Unwetter zieht vorbei. Von der Passhöhe in 2340 m schaue ich in das tiefe Vall de Barravés und zum dahinter aufragenden Maladeta-Massiv im Dunst. In zahllosen Kehren geht es jetzt ins Tal hinab. Dort, wo die Nationalstraße 230 im Túnel de Vielha, der nach Frankreich führt, verschwindet, liegt die alte Herberge Hospital de Vielha. Lange wurde der malerische Gebäudekomplex als Berghütte genutzt. Als ich jedoch ankomme und auf eine Unterkunft hoffe, finde ich nur einen Zettel, der die Schließung wegen Bauarbeiten verkündet. Also gehe ich noch etwa 20 Minuten talabwärts zur Conangles-Hütte. Die große bewirtschaftete Hütte wirkt etwas ausgestorben, denn ich bin der einzige Gast an diesem Abend. Trotzdem freue ich mich über die (kalte) Dusche, das Abendessen und das Dach über dem Kopf, das mich vor den heftigen Gewittergüssen schützt, die die Nacht über herabprasseln.